Interview mit Contessa Juliette - Wien

20.12.2014 | Von: Max | | Kategorie: Interviews

Die Dame, die vor mir sitzt und mit ihrem teuren Schmuck spielt, war nicht nur eine erfolgreiche Geschäftsfrau, sondern viele Jahre lang in ihrem Zweitberuf Domina in Wien und weit über die Grenzen Österreichs bekannt.
Vor fünf Jahren hat sich Contessa Juliette zurückgezogen und stellt nun ihre spannende Biografie  „Der Engel mit der Peitsche“ als eBook und Print vor.


Sie waren mehr als ein Jahrzehnt eine erfolgreiche Domina, Contessa Juliette. Wie sind Sie überhaupt in die Profiszene gekommen?

Ich machte meine Passion zur Profession und war erfolgreich und bekannt, weil ich außer einer einfühlsamen Domina auch eine tüchtige Geschäftsfrau bin. Neben meiner Berufstätigkeit im Familienunternehmen gefiel es mir, mich mit devoten Männern und Frauen zu treffen, meine Neigung auszuleben und daraus entstand dann wieder ein Unternehmen, nämlich Bizarr Escort International, eine europaweit vernetzte Agentur von gleichgesinnten Dominas.

Was hat Sie dazu gebracht, sich aus der S/M-Szene völlig zurückzuziehen?

Es gab viele wunderschöne, interessante Begegnungen in dieser Zeit, aber auch Verfolgung, Verrat, Rache, zerbrechende Beziehungen, was mich schlussendlich veranlasste, mich von allem zurückzuziehen. Gedacht war dies zuerst nur für ein paar Monate, aber plötzlich gefiel mir das Privatleben. Ich nutzte die Zeit, um endlich meine Erlebnisse während meiner Zeit als Domina niederzuschreiben. Aus ein paar Schilderungen von Sessions wurde dann ein richtig spannendes, dickes Buch, in dem ich sehr authentisch über mein Leben schreibe. Ich war selbst überrascht, wie viel mir in dieser Lebensphase widerfuhr.

Haben Sie S/M auch privat gelebt?

Seitdem ich Mitte zwanzig war, gab es in meinen Beziehungen immer sado-masochistische Elemente. Allerdings meist nur im soften Bereich. Als ich dann mehr und mehr mit fremden Männern auf Partys spielte oder mich sogar privat traf, wurde ich mit den verschiedenen Wünschen der Sklaven konfrontiert. Dies war mit ein Grund, dass ich mich überhaupt entschloss, Geld zu verlangen.

Was haben die Wünsche der Gäste mit einem Honorar zu tun?

Ich trage gerne Leder, liebe Fußerotik, bin ein Schuhfetischist und fessle gerne. Wenn die Wünsche des Sklaven aber nach Latex gehen, schenkelhohen Stiefeln, Hängefesseln und ähnlichem, dann muss er mir das entweder schenken oder ich bekomme das Geld, um seine Träume zu erwerben. Da die Wünsche immer anspruchsvoller wurden, die Galanterie aber zu kurz kam, beschloss ich, meinen Service auf eine seriöse Basis zu stellen, den Gewerbeschein zu beantragen und ein Honorar zu verlangen. In weiterer Folge hatte ich dann eine riesige Garderobe (für den Gast und mich), Gerätschaften und Spielzeuge, um alle nur erdenklichen Rollenspiele zu machen.

Ist Domina ein Beruf wie jeder anderer, oder muss man dazu eine Berufung haben?

Es ist ein sehr interessanter Beruf, aber sicher keiner wie jeder andere. Man sollte schon eine dominante Neigung haben, es gerne und freiwillig machen. Ich finde es deshalb so schön, Domina zu sein, weil man seine Fantasien ausleben kann.

Was haben Sie daraus gelernt?

Ich lernte unheimlich viel über Menschen, ihre Wünsche, Träume und Ängste. Idealerweise ist es eine Berufung. Ich glaube, bei mir war es so. Ich konnte endlich all meine Fähigkeiten einbringen. Leider ist es für viele ein Beruf, bei dem man meint viel Geld in kurzer Zeit verdienen zu können. Das kann zu einer seelischen Belastung führen, die manche Dominas nicht aushalten.

Schreiben Sie in Ihrem Buch auch, wie sich bei Ihnen der Wunsch, Domina zu sein, entwickelt hat?

Ja, ich spanne den Bogen von meiner Kindheit, wo ich schon meine Schulkameraden fesselte, über meine erste Erfahrung im passiven Bereich, bis dorthin, wo mich durch Zufall eine Männerbekanntschaft in die Münchner Szene führte, dort war ich erstmals auf einer Party in einem Profi-Studio.

Kann man das Handwerk einer Domina lernen?

Bevor man als dominanter Partner – dies gilt sowohl für Männer als auch für Frauen – insbesondere für Professionelle, auf einen devoten oder submissiven Spielpartner losgeht, sollte man die praktischen Handgriffe und Sicherheitsvorkehrungen beherrschen. Wissen, was man tun darf, was nicht. Was gesundheitlich riskant oder sogar gefährlich ist. Dies kann man sich zum Teil in Büchern aneignen oder bei Kursen. Ich halte z.B. Domina Schulungen ab. Diese Seminare sind für private Damen, die Interesse haben mit Devoten zu spielen. Es wird immer am lebenden Objekt geübt (Contessa zwinkert). Für dominante Männer habe ich dies früher im Einzelunterricht gemacht, denn Männer sind oft zu grob oder bedenkenlos, weil ihre eigene Lust zu sehr im Vordergrund steht. Da sind Frauen viel mehr bereit, sich zurückzunehmen und das Erleben des Partners in den Vordergrund zu stellen.

Wo halten Sie diese Kurse?

Während meiner aktiven Zeit hielt ich diese Kurse in Wien und Innsbruck, was auch jetzt wieder der Fall ist. Im März werden die nächsten Kurse sein, Details stehen immer auf meiner Webseite. Ich denke, es ist eine gute Anregung, wenn ein Mann einer Dame eine Kursteilnahme schenkt. Vielleicht versteht sie den Wink mit dem Zaunpfahl. Ich werde auch gerne zu anderen Destinationen reisen, wenn die Nachfrage besteht. Dann bräuchte ich aber Übungssklaven. Wird der Bizarrführer mir helfen können, am jeweiligen Ort welche zu finden?

Unter unseren Lesern werden bestimmt Herren sein, die Ihre Anforderungen erfüllen.
Durch die Veröffentlichung Ihrer Biografie sind Sie wieder ins Rampenlicht gerückt. Möchten Sie wieder Ihre Dominatätigkeit aufnehmen oder was sind Ihre nächsten Pläne?

Meine diversen Auftritte im österreichischen Fernsehen, Artikel in verschiedenen Zeitungen und Journalen sowie meine Lesungen haben natürlich die Aufmerksamkeit von Sklaven erregt. Es meldeten sich frühere Gäste sowie auch einige Männer, die in meinem Buch vorkommen. Trotz der geänderten Namen haben sie sich erkannt und mich kontaktiert, um mir zu gratulieren. In meinem Buch zeigt sich, mit wie viel Respekt und Liebe ich meine Sklaven behandelte, weshalb mir keiner böse ist. Wieder als Domina arbeiten, täglich in Highheels Turnübungen machen und Fragen/Wünsche am Telefon beantworten, möchte ich ganz sicher nicht. Die Szene hat sich auch verändert. Höflichkeit ist fast völlig abhanden gekommen. Ich sollte eher Unterricht im guten Benehmen geben („Wie spreche ich eine Herrin an? Wie beginne ich eine Mail oder SMS? Ich stelle mich vor, bevor ich meine Wunschliste herunterbete! Ich überlasse vielleicht einmal der Herrin das Programm!?“), als mich aktiv der Erziehung von Sklaven zu widmen.  
Mein Ziel ist es, mit meiner Biografie mit so manchen Vorurteilen bezüglich S/M aufzuräumen, es aus der Schmuddelecke zu holen und auch beim Durchschnittsbürger Verständnis für diese Seite der sexuellen Erfüllung zu finden. Mein persönlicher Wunschtraum ist, dass meine Biografie „Der Engel mit der Peitsche“ in viele Sprachen übersetzt, verkauft und verfilmt wird. Ich bin für Lesungen, Vorträge und Talkshows zu buchen. Und vielleicht findet sich ja auch privat ein Partner, generös und auf Augenhöhe.

Dann wünschen wir Ihnen viel Glück und Erfolg, Contessa Juliette. Wir würden uns freuen, Ihre Geschichte im Kino zu sehen.